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Woche 3: 16. - 22. Oktober 2000

Überall Wind

Letzte Woche habe ich doch glatt vergessen, euch Verena vorzustellen. Sie kommt auch aus Deutschland, macht auch ein 6-monatiges Praktikum in Kapstadt und wohnt auch im Bunkhouse Backpackers. Auch sie war nach ihrer Südafrika-Reise im letzten Jahr so begeistert, daß sie wiederkommen mußte. Kommt einem doch irgendwie bekannt vor.

Die Woche über passiert nicht viel erwähnenswertes. An meinem Auto müssen noch ein paar Kleinigkeiten repariert werden, was Johann übernehmen will. Tatsächlich tut sich bis Ende der Woche nichts. Ich werde mich wohl doch nach einem anderen Mechaniker umsehen müssen. Besonders unangenehm ist, daß die Zentralverriegelung nicht funktioniert und ich den Wagen nicht abschließen kann. Da ist die Mobilität in diesem Land dann doch arg eingeschränkt.

Errol lädt mich mal wieder zum Grillen ein und ich soll doch unbedingt Verena mitbringen. Als wir dann am Freitag Abend vor seiner Tür stehen ist er dann einigermaßen überrascht. Er hatte wohl irgendwie vergessen, daß wir kommen wollten. Das hindert ihn natürlich nicht daran, innerhalb kürzester Zeit doch noch einen Tisch voller gegrilltem Fleisch und Salaten herzuzaubern. Wir reden viel über das Leben der Coloureds im allgemeinen und das von Errol und Pauline im besonderen während der Apartheitszeit sowie über die aktuelle politische Lage im Land. Ist ziemlich interessant und spannend, vor allem, da Pauline und Errol in fast allen Punkten unterschiedlicher Meinung sind. Aber schließlich ist Pauline ja auch ein Mischling, wie Errol, der richtige Coloured, immer wieder betont. Für alle, die jetzt ein bißchen verwirrt sind, hier eine kleine Farbenkunde des wahnsinnigen und menschenverachtenden Apartheitsregimes:

Alles in allem ein ziemlich krankes System, vor allem, wenn man bedenkt, welche Auswirkungen die Zuordnung zu einer dieser Kategorien hatte. Auch wenn diese rassistische Kategorisierung dem Gesetz nach heute nicht mehr existiert, ist sie dennoch weiterhin in den Köpfen der Menschen fest verankert. Und die Coloureds sitzen mal wieder zwischen allen Stühlen. Waren sie früher keine "richtigen Weissen" so sind sie heute keine "richtigen Schwarzen" und fühlen sich oft wieder benachteiligt.

Am Samstag sind Verana und ich dann den Tafelberg hochgeklettert. Wir waren etwas spät dran (10:00 Uhr) und es war schon recht warm. Während wir hochkletterten, kamen uns auch schon die ersten Grüppchen wieder entgegen. Wir haben uns für den Platteklip Gorge entschieden, einen Pfad, auf dem wir nach ca. 2 Std. das Plateau des Tafelberges erreichen. Die Anstrengung hat sich gelohnt und wird mit einer spektakulären Sicht in alle Richtungen belohnt. Hier oben, 1000 m über dem Meer, ist es so windig, daß fast alles, was man in die Mülleimer wirft, direkt wieder herausgeweht wird. Dazu wird es auch ganz schön kalt, was aber leider meinen Sonnenbrand auch nicht verhindert. Eine besondere Attraktion ist das Mountainbike, das ich plötzlich sehe. Da fährt doch glatt ein Wahnsinniger über die Klippen in die Tiefe. Allerdings nur einige Meter, um dann wieder umzukehren und das ganze noch mal zu wiederholen. Es handelt sich um ein Fotoshooting und das Rad wurde natürlich mit dem Cable-Car, der Seilbahn, herauf transportiert.

Nach der Anstrengung am Vormittag, gönne ich mir noch einen kurzen Besuch am Strand des noblen Vorortes Camps Bay. Hier leben nur die ganz Reichen. Der Strand steht dagegen heute allen offen und wird von Schwarzen, Coloureds und Weißen geteilt. Auch hier herrscht ein kräftiger Wind, der einem den Sand nur so um die Beine peitschen läßt. Ein paar Möwen versuchen verzweifelt gegen den Wind anzufliegen. Aber kaum haben sie etwas an Höhe gewonnen, werden sie wieder um viele Meter zurückgeworfen. An Schwimmen ist ohnehin nicht zu denken. Das Atlantik-Wasser ist hier so kalt, das es einem schon an den Füssen schmerzt, wenn man diese ins Wasser hält. Die andere Seite der Kaphalbinsel ist da wohl etwas besser geeignet.

An diesem Wochenende findet das Jamboree on the Internet (JOTI) statt, eine Aktion, bei der sich Pfadfinder aus aller Welt im Internet zum Chatten und Emailen treffen. Ich wollte eigentlich mit einem Trupp aus Claremont daran teilnehmen, der hat das ganze aber kurzfristig mangels Teilnehmer abgeblasen. Daher sitze ich am Sonntag alleine am Computer des Backpackers und chatte mit Pfadis aus Luxemburg, der Schweiz sowie mit einer Wölflingsleiterin aus meinem Stamm in Bocholt und einer Roverleiterin aus Recklinghausen.

Sonntags ist rund um das Green Point Stadium ein großer Flohmarkt. Neben den üblichen Südafrikanischen Souvenirs wie Holzgiraffen, Steinfiguren und Stoffmalereien gibt es hier auch alltägliche Gebrauchsgegenstände, Klamotten, Bücher und jede Menge Eßbares für wenig Geld. Mir gelingt es nur mit Mühe, meinem Kaufdrang zu widerstehen. Irgendwie bin ich anfällig für die hiesigen Souvenirs.

So, genug für heute. Bis nächste Woche!