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Woche 18: 29. Januar - 04. Februar 2001

Ein Käfig voller Narren

Die Seilbahn auf den Tafelberg hat gerade eine Sonderaktion im Angebot: Ab 19:00 Uhr können zwei Personen zum Preis von einer auf den Berg fahren, genau pünktlich zum Sonnenuntergang. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen. Dummerweise taucht die vierte Person nicht auf, es bleiben André, Verena und ich. Zum Glück steht in der ziemlich langen Schlange direkt hinter uns noch eine Dreier-Gruppe, so daß wir das Angebot dann doch voll ausnutzen können.

Während es im Osten noch hell ist, wirft der Berg schon einen gewaltigen Schatten auf einen Teil der Innenstadt, die bald ganz im Dunkeln liegt. Schließlich sammeln sich alle Leute in der Ecke des Berges, von der aus man auf Camps Bay und die untergehende Sonne blicken kann. Einfach grandios, die Sonne aus über 1.000 Metern Höhe im Meer verschwinden zu sehen. Gerade ein Minute vor dem Spektakel klingelt mein Handy - Nicole ruft aus Deutschland an. Da versuche ich mich also mal als Live-Berichterstatter dieses Naturschauspiels. Ich bin übrigens gerade zum 4. mal auf dem Tafelberg, und jedes mal hat bislang das Telefon geklingelt, das sonst oft tagelang keinen Mucks von sich gibt. Nächstes mal wird es abgeschaltet - was natürlich nicht heißen soll, daß ich mich nicht über den Anruf aus der Heimat gefreut hätte. Als es schließlich dunkel ist und die Sterne am klaren Himmel strahlen gönnen wir uns noch mal einen Blick auf das Lichtermeer der Stadt auf der anderen Seite.

Mittwoch ist Keith's Geburtstag. Der arme wird 23 und fühlt sich schon so schrecklich alt. Wie Keith sind natürlich auch die meisten seiner Freunde, die abends zur Grillparty kommen, schwul. Die meisten sind ziemlich schräge Vögel, einige auch Drag Queens, die in einer Folie Show im Club 55 auftreten. Sogar die schwule Miss South Africa kommt kurz vorbei.

Samstag finden auf dem Gilray Camp Trainingsgelände der Pfadfinder in Grassy Park in den Cape Flats ein Treffen aller Pfadfinderleiter der Western Cape Area statt, zu dem ich mit Errol fahre. Angekündigt ist das ganze als ein formloses, lockeres Zusammentreffen zum besseren Kennenlernen und zum Austausch einiger Informationen.

Aber wir sind ja bei den Südafrikanischen Pfadfindern. Also fängt das lockere Zusammentreffen mit einem recht militärischem Fahnenappell an und anschließend verkündet der Leiter des Trainingsteams das minutiös durchgeplante Programm. Anschließend haben präsentieren verschiedene Referenten Neuigkeiten aus dem Verband. Es gibt dazu dann jeweils stolze 5 Minuten Zeit zur Diskussion.

Während einer Einheit setzen sich die Leiter je nach Funktion in getrennten Gruppen zusammen und ich gehe mit Errol zu den District Commissioners, bei denen Errol mit seinen 53 Jahren noch nicht zu den ältesten gehört. Der älteste District Commissioner ist 80 Jahre alt. Da sich diese Gruppe eh vor einigen Tagen getroffen hatte, gibt es nicht viel zu besprechen und statt dessen soll ich mal was von den Pfadfindern in Deutschland und den Unterschieden zu SA. Die alten Knochen sind natürlich weiterhin überzeugt, daß ihr System das einzig sinnvolle sei und haben für uns nur Kopfschütteln übrig.

Im Plenum erklärt anschließend der Area Commissioner (erstaunlich jung, so Mitte bis Ende 30, und sehr offen und fortschrittlich), daß mit Hilfe professioneller Berater die Strategie und das Programm des Südafrikanischen Pfadfinderverbandes grundlegend überprüft und an die Gegenwart angepaßt werden soll. Die Punkte, die vor allem auf dem Prüfstand stehen, sind dann weitgehend die Dinge, die ich vorher angesprochen hatte. Ich kann mir ein selbstgefälliges Grinsen nicht verkneifen.

Sonntag fahre ich mit Verena zunächst zu einem Arts & Craft Market nach Hout Bay. Dieser Markt findet jeden Sonntag statt und man findet hier neben landestypischen Souvenirs jede Menge anderes hausgemachtes Kunsthandwerk wie Kerzen, Decken … Nichts was es nicht anderswo auch gäbe. Allein deshalb hierher zu fahren lohnt sich meiner Meinung nach nicht.

Weiter geht es auf die andere Seite der Kaphalbinsel zu Groot Constantia. Das Gut wurde 1683 von Simon van der Stel als Versuchsfarm gegründet, um auszuprobieren, wie verschiedene landwirtschaftliche Pflanzen im Kapklima gedeien. Schließlich wurde hier hauptsächlich Wein angebaut, der auch in Europa einen sehr guten Ruf genoß. Sogar Napoleon trank im Exil Constantia Wein.

Der Eintritt in ein kleines Museum beträgt R8 (R2 für Studenten). Das Museum stellt ein wenig die Geschichte des Weingutes dar. Neben dem Museum findet sich Sonntags ein kleiner Antiquitätenmarkt. Der Eintrittspreis für das Museum schließt auch die Besichtigung des alten Gutshauses ein, das mit reichlich Antiquitäten möbliert ist. Hinter dem Gutshaus befindet sich der alte Weinkeller, der allerdings gar kein Keller ist. Hier sind verschiedenste Gegenstände ausgestellt, die irgendwie im Zusammenhang mit der Herstellung oder dem Trinken von Wein stehen. Im modernen Weinkeller, der heute genutzt wird, werden von 10 - 16 Uhr Führungen angeboten (R11 incl. Weinprobe).

Gegen Abend geht es dann noch kurz zu Errol, um einiges für die Deutschlandtour seiner Gruppe vorzubereiten.