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Woche 19: 05. - 11. Februar 2001

Willkommen in Afrika!

In der Nacht von Sonntag auf Montag sind Verenas Schwester Fei und deren Freund Ingo in Kapstadt angekommen. Am Montag abend gehen wir zusammen in der Waterfront griechisch Essen und anschließend noch ein Bierchen trinken.

In der Mitchells Brewery in der Waterfront gibt es neben mehreren internationalen Bieren vom Faß vor allem zwei selbstgebraute Biere, die um einiges besser schmecken als die gängigen SAB Sorten.

Bei der Gelegenheit könnte ich vielleicht mal darauf hinweisen, daß SAB (South African Breweries) nach Anheuser Bush die zweitgrößte Brauerei der Welt ist. In vielen afrikanischen Ländern ist sie Marktführer und nach der Übernahme einiger Europäischer Brauereien (u.a. Pilsener Urquell) breitet sich das Unternehmen auch dort aus. In Südafrika beträgt der Marktanteil unglaubliche 98%, wobei jedes zweite verkaufte Bier ein Castle-Lager ist.

Am Dienstag Abend statte ich der Pfadfindergruppe von Errol und Steven in Eastridge/Mitchells Plain einen Besuch ab. Sie treffen sich in einem Raum in einer Schule. Es herrscht eine eigenartige Kombination aus militärischer Disziplin und freundschaftlichem Umgang. Steven leitet die Gruppenstunde heute alleine. Während er eine Patrol (Kleingruppe) auf einen bald anstehenden Wettbewerb mit anderen Gruppen vorbereitet, beschäftigt sich eine andere Patrol mit Erster Hilfe. Am Ende gibt es dann noch ein kleines Spielchen. Nach der Gruppenstunde werden die Mädchen und Jungen von einem Vater mit einem Bulli nach Hause gefahren oder von ihren eigenen Eltern abgeholt. In Eastridge ist es abends für die Kids zu gefährlich, alleine nach Hause zu gehen, da es hier immer wieder zu Kämpfen rivalisierender Gangs kommt.

Am Donnerstag gönne ich mir mal wieder einen Tag Urlaub. Morgens fahren Verena, Fei, Ingo und ich nach Bakoven, einem noblen Strandvorort bei Camps Bay. Hier wird heute der letzte Bungalow am Strand versteigert, der sich noch im Besitz der Stadt befindet. Das Haus liegt wirklich direkt am Strand, der jedoch sehr felsig ist. Geniale Sonnenuntergänge sind allerdings garantiert. Das Gebaute selber ist ziemlich runtergekommen und bedarf einer gründlichen Renovierung oder eines Abrisses. Obwohl außer uns bestimmt noch mehr Neugierige gekommen sind, war ich wohl noch nie mit so vielen Millionären in einem Raum. Eine halbe Stunde braucht der Auktionsleiter, um alle Auktionsbedingungen zu verlesen, und das in einem Tempo, bei dem selbst Südafrikaner nichts mehr verstehen. Die eigentliche Auktion dauert dagegen nicht lange. Da keiner zu einem Startgebot von 3 Mio Rand bereit ist, beginnt die Versteigerung bei 1 Mio Rand. Es beteiligen sich nur zwei Parteien und überbieten sich mit einigen zögernden Pausen in 100.000 Rand Schritten. Bei 3 Mio Rand steigt schließlich eine Partei aus und verläßt den Raum. Beim anderen Bieter währt die Freude allerdings nur kurz, denn plötzlich tritt jemand aus dem Hintergrund hervor, bietet 3,1 Mio Rand und erhält den Zuschlag.

Vom reichen Kapstadt geht es jetzt ins weniger reiche Township Lwandle bei Somerset West (ca. 50 km vor Kapstadt). Hier gibt es ein kleines Museum, das sich mit der Migration von Arbeitern während der Apartheid beschäftigt. Es ist das einzige Museum in einem Township, das sich mit dem Leben der einfachen Menschen befaßt. Am Eingang werden wir erst mal von Richard empfangen, der einige hervorragende Parodien von Nelson Mandela und Erzbischof Desmond Tutu zum Besten gibt. Ausgestellt werden in der ehemaligen Community Hall hauptsächlich ausdruckstarke Photos zu den Themen Group Area Act, Leben in den Homelands, Paß-Gesetze, Vertreibung und Alltag in den Arbeiterunterkünften. Anstatt den Besucher mit Texten zu bombardieren, wird man von dem Museumskurator Bongani Mgijma begleitet, der Erläuterungen gibt und Fragen beantwortet. Am Ausgang des Museums sind noch auf Holz gemalte Bilder eines lokalen Künstlers ausgestellt. Die gefallen mir so gut, daß ich gleich eins kaufe - ein echtes Schnäppchen.

Nach dem Museumsbesuch geht Bongani mit uns durch das Township. Den Kern bildet eine Siedlung von ehemaligen Arbeiterunterkünften. Auf 8 qm lebten hier früher 2 Arbeiter in einem Raum. Später zogen dann jedoch die Familien aus der Transkei nach, was dazu führte, daß auf den 8 qm nun bis zu 16 Menschen lebten. Bis auf ein Hostel, sind mittlerweile alle Gebäude renoviert und zu kleinen Wohnungen für Familien umgebaut worden. Auf den Dächern befinden sich Solarkollektoren, die für warmes Wasser sorgen. Sieht in diesem Umfeld ganz schön futuristisch aus. Ein Hostel soll jedoch als Teil des Museums so erhalten bleiben wie es ist. In dem Teil, den wir uns ansehen, haben bis vor wenigen Wochen tatsächlich noch Menschen unter diesen unglaublichen Bedingungen gelebt. In dem anderen Trakt leben noch immer einige Familien, weshalb wir da nicht rein können.

Die Atmosphäre im Township ist sehr entspannt und angenehm. Von einem Obststand dröhnt afrikanische Musik herüber. Die Leute freuen sich über den, leider sehr seltenen, Besuch und sind sehr freundlich. Die Kinder einer Kinder-Krippe wollen uns gar nicht mehr gehen lassen. Vor kurzem ist ein kleines Geschäftszentrum fertiggestellt worden, in dem sich jetzt ein Frisör, eine Videoladen, ein Imbiß und weitere kleine Läden niedergelassen haben. In dem Imbiß essen wir mit 6 Leuten für R36 (ca. DM10) Fisch, Pommes, Fetkoks incl. kaltem Pfirsichsaft. Der Laden ist noch etwas kahl und einfach eingerichtet aber das Essen schmeckt. Die Besitzerin ist sehr an unserer Meinung über ihr kleines Unternehmen interessiert und möchte gerne wissen, was sie noch besser machen könnte.

Um den Tag richtig abzurunden, gehen wir abends im Noon Gun Café kapmalayisch essen. Das kleine Restaurant ist das höchstgelegene Gebäude des Boo-Kap Viertels, das sich von der Innenstadt bis auf den Signal Hill erstreckt. Da der Speiseraum fast komplett verglast ist, kann man während des Essens einen fantastischen Ausblick auf den Tafelberg, die Innenstadt, die nördlichen Vororte und den Hafen genießen. Um 20:00 Uhr sind wir die einzigen Gäste. Draußen ist es super windig und wir haben das Gefühl die Konstruktion aus Holz und Glas bricht gleich zusammen, aber die Kellnerin versichert uns, daß der Laden schon so manchen Sturm überstanden hätte. Die Auswahl an Gerichten ist zwar sehr beschränkt, aber dafür schmeckt es klasse. Da es ein muslimisches Restaurant ist, gibt es leider keinen Alkohol.

Am überhöhten Alkoholgenuß kann es also nicht liegen, daß plötzlich die Umgebung so anders aussieht. Der Mond wird ganz gelb und die Sterne sind kaum noch zu sehen. Auch die Lichter der Stadt scheinen plötzlich ganz anders. Die Kellnerin teilt uns den Grund mit: Es brennt - vermutlich bei Llandadno. Als wir das Restaurant verlassen, ist die Luft so voller Rauch, daß das Atmen schwer fällt. Wir fahren zum Lions Head, in der Hoffnung, das Feuer von dort sehen zu können, jedoch ohne Erfolg. Wie sich später herausstellt, hat es tatsächlich in Llandadno und auch in Hout Bay kleine Brände gegeben. Das Feuer, daß aber die Stadt verdunkelt ist 60 km weit weg in Gordons Bay, auf der anderen Seite der False Bay. Der Wind ist so stark, daß das sich Feuer von der anderen Seite der Hottentot Holland Mountains sehr schnell bis nach Gordons Bay ausgebreitet hat und der Rauch bis nach Kapstadt geweht wurde. Trotz der gewaltigen Dimensionen des Feuers kommen keine Menschen und nur wenige Häuser zu Schaden.

Samstag fahren Keith und ich zum vor kurzem eröffneten Grand West Casino Komplex, das größte Casino im Western Cape. Da schon der Parkplatz riesig ist, fährt dort eine kleine Tram herum und bringt die Besucher zum Eingang.

Im Zentrum des Komplexes befindet sich das Casino selbst. Es gibt einen riesigen Bereich mit mehreren Hundert Automaten und natürlich zahlreichen Spieltische und einen Vip-Bereich. Eingerahmt wird das ganze durch zahlreiche Cafés und Restaurants in verschiedenen Stilrichtungen sowie Boutiquen, in denen man des gewonnene Geld sofort wieder loswerden kann.

So weit so gut. Neben dem eigentlichen Casino hat das Grand West aber noch einiges mehr zu bieten. Auf beiden Seiten des Gambling-Bereichs schließen sich große Gastronomiebreiche an. Auf der einen Seite sind einige Straßenzüge des District Six nachgebaut worden (natürlich alles überdacht innerhalb des Hauptgebäudes), in dessen Häusern sich Restaurants, Cafés, Pubs und eine Disco befinden. Auf der anderen Seite des Gambling Bereiches ist ein Dorfplatz in Kapholländischer Architektur nachgebaut, wo sich alle gängigen Fast-Food Ketten wiederfinden. Es gibt auch Bäume und einen sehr realistisch wirkenden künstlichen Abendhimmel. In der Mitte des Platzes befindet sich für die kleinen Gäste eine kleine Eisbahn zum Schlittschuhlaufen. Wenn die Kleinen dann größer sind, können die durch den Eingang einer Hausfassade hindurch gleich in das große Eisstadion wechseln.

Vor allem an Kinder und Jugendliche richtet sich auch eine große Halle mit einer Cart Bahn, einer kleinen Achterbahn, Mini-Golf Anlage und weiteren Attraktionen und ein Bereich mit Videospiel-Automaten. Zuletzt sollte vielleicht noch kurz das Multiplex-Kino erwähnt werden, daß natürlich auch nicht fehlen darf. Wahnsinn!

Am Sonntag steht der Besuch einer Pfadfindergruppe aus Deutschland an, die von Kapstadt aus ihre Südafrika Reise startet. Errol, Steven und ich sind leider erst etwas verspätet am Flughafen, was aber nicht weiter schlimm ist. Von den 12 Teilnehmern sind ohnehin erst 8 angekommen und das auch noch ohne Gepäck. Drei Teilnehmer sind leider beim Zwischenstopp in Johannesburg nicht rechtzeitig durch die Paßkontrolle gekommen. Sie kommen dann erst in den nächsten 2 Stunden auf 2 Flüge verteilt nach, zum Glück mit dem meisten Gepäck. Es fehlt jetzt nur noch eine Tasche und natürlich eine Teilnehmerin. Die hatte dummerweise keinen gültigen Reisepaß dabei und kann daher erst heute fliegen und kommt erst morgen Mittag an. Um das Chaos perfekt zu machen, ist der Mietwagen auch noch ein anderer (und völlig ungeeigneter) als gebucht, und beim Versuch, Geld abzuheben, stellt sich heraus, daß kein Geld auf dem Tourkonto ist. Willkommen in Afrika!

Nach kurzem Ausruhen an der altbekannten Sea-Scout Base starten wir die "Willkommen in Kapstadt Standard Tour": De Waal Drive, Lower Cable Station am Tafelberg, Hout Bay und Chapmans Peak, Waterfront.