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Woche 20: 24. - 18. Februar 2001

Der 21. Geburtstag

Da ich bei der Arbeit nicht wirklich viel zu tun habe, habe ich mir 3 Tage frei genommen, um zusammen mit Steven die deutsche Pfadfindergruppe durch Kapstadt zu begleiten. Los geht es am Montag Morgen mit einer Tour zur Kaphalbinsel. Steven arrangiert es irgendwie, daß wir als Pfadfinder statt der üblichen R20 pro Person insgesamt für 14 Personen nur R30 zahlen müssen. Ungewöhnlicherweise gibt es am Cape Point heute weder Wind noch Paviane.

Zu Fuß gehen wir hoch zum alten Leuchtturm, von wo aus man direkt bis zur Antarktis gucken könnte, wenn man denn bis dahin gucken könnte. Es gibt auch Leute, die behaupten, man könne an der Farbe des Wassers erkennen, wo der atlantische und der indische Ozean aufeinandertreffen. Tatsächlich treffen und vermischen sich hier zwei unterschiedliche Meeresströmungen. Die von der Antarktis kommende Benguela Strömung sorgt dafür, daß der Südatlantik Kapstadts sehr kalt ist. Der Mosambique-Agulhas-Strom dagegen erlaubt ganzjährig das Baden an den Stränden des Indischen Ozeans.

Vom alten Leuchtturm aus führt ein Wanderweg zum zweiten Leuchtturm, der 1911 errichtet wurde, da der alte Leuchtturm zu oft von Wolken und Nebel umgeben war. Von hier aus sehen wir Robben im Wasser schwimmen und einige glauben sogar, Delphine gesehen zu haben. Vom Cape Point führt ein Wanderweg zum traumhaften Diaz Beach und zum Cape of Good Hope.

Aus Zeitmangel entscheiden wir uns dafür, mit dem Auto zum Cape of Good Hope zu fahren. Dabei erspähen wir in der Ferne einige Strauße. Zum Cape of Good Hope fährt man eigentlich nur für das Pflichtfoto vom Schild. Geographisch gesehen ist dies der Wendepunkt der Kaphalbinsel. Der Cape Point ist aber wesentlich eindrucksvoller und wegen des Hügels auch besser für die Leuchttürme geeignet. Der Südlichste Punkt Afrikas liegt jedoch an keinem der beiden Punkte, sondern 140 km südwestlich am viel weniger bekannten Cape Algulhas. Hier treffen auch tatsächlich die beiden Ozeane aufeinander.

Auf dem Rückweg nach Muizenberg machen wir noch eine ausgedehnte Bade-Pause am Boulders Beach bei Simons Town. Die Hauptattraktion dieses Strandes sind weniger die riesigen Granitfelsen, die Schutz vor Sonne und Wind bieten, sondern die ca. 2.500 Jackass Pinguine die hier leben und sich den Strand mit uns teilen. Angst vor den Menschen scheinen sie nicht zu haben. Der Versuch, sie zu streicheln, wird jedoch meistens durch eine heftige Schnabel-Attacke vereitelt. Große Freude finden die Tiere dagegen an unseren Handtüchern und an einer Aluminium-Trinkflasche Marke Sigg. Wenig Scheu zeigen auch 2 Exemplare, die sich vor den Augen aller am Strand daran machen, für weiteren Nachwuchs zu sorgen.

Abends gibt es dann noch ein Braai an der Sea Scout Base, zu dem auch Errol noch dazu kommt. Mal wieder sehr spät fahre ich schließlich zurück nach Sea Point, um am nächsten Morgen wieder nach Muizenberg zu fahren. Eigentlich hätte ich besser gleich hier pennen sollen.

Dienstag sollte es eigentlich auf den Tafelberg gehen. Auf der Innenstadtseite ist auch recht gutes Wetter, wenngleich der Tafelberg schon in sein Tischtuch gehüllt ist. Auf der Südseite des Berges dagegen hängen die Wolken tief und schließlich fängt es auch an zu regnen. Eine spontane Programmänderung führt uns deshalb zum Groot Constantia, wo wir dieses mal auch eine Kellerführung mit Weinprobe mitmachen. Während es mittlerweile in Strömen gießt, laufen übrigens die Rasensprenger auf dem Zierrasen auf Hochtouren. Da stand doch mal was von Wasserknappheit und entsprechenden Verbrauchsbeschränkungen in der Zeitung ?!

Anschließend setzen wir einige botanisch Interessierte am Kirstenbosch Garden (bei Regen) aus und dann geht es in die Innenstadt, auf den Signal Hill und an die Waterfront. Auf dem Signal Hill besitzen die Südafrikanischen Pfadfinder übrigens ein Campinggelände in Top-Lage. Morgens einen klasse Sonnenaufgang auf der einen und abends einen genialen Sonnenuntergang auf der anderen Seite, abseits jeglichen Großstadttrubels - und in 5 Minuten ist man mit dem Auto mitten im Stadtzentrum.

Abends besuchen wir Errols und Stevens Pfadfindergruppe in Eastridge/Mitchells Plain, spielen einige Spiele mit den Scouts und erzählen bei Cola und Keksen vom jeweils anderen Land.

Mittwoch ist für die Gruppe schon der letzte Tag in Kapstadt. Morgens besuchen wir noch die Westridge Primary School in Mitchells Plain, in der der Pfadfinderleiter Bruce als Lehrer arbeitet. Von ihm erfahren wir einiges über den Alltag und die Probleme einer Grundschule im Township, die etwa 1600 Kinder besuchen (Klasse 1 bis 7). 40 bis 50 Kinder werden in viel zu kleinen Klassenräumen unterrichtet. Viele kommen nur zur Schule, weil sie hier zwei Schnitten Brot und ein Getränk bekommen, für sie oft die einzige Mahlzeit am Tag. Geld für Bücher hat kaum eine Familie und auch die Schule nicht. Gewalt und Aids sind hier bedrückende, allgegenwärtige Realität. Nur ca. jedes 2. Kind, das hier zur Schule geht, wird sein 30. Lebensjahr erreichen. Da Bruce auch Sportlehrer ist, zeigt er uns den staubigen und völlig vertrockneten Sportplatz. Wegen der Wasserknappheit darf hier nicht bewässert werden. Wie war das doch gestern auf Groot Constantia?

Heute ist Valentinstag, weshalb die tägliche Schulroutine unterbrochen wird. Statt Schuluniform tragen die Kinder heute rote und weiße Kleidung und es gibt viele verschiedene Aktivitäten. Während einer Versammlung aller Schüler im Schulhof werden wir natürlich auch nach vorne gerufen und präsentieren ein kleines Bewegungsspielchen. Anschließend geht es zurück zur Sea Scout Base, von wo aus die Gruppe dann weiter nach Oudtshoorn reist. Für mich geht es wieder ins Bunkhouse und dort erst mal ins Bett. Irgendwie habe ich mir wohl eine üble Erkältung eingefangen, die mich in den nächsten Tagen doch recht einschränkt.

Donnerstag und Freitag schleppe ich mich noch erkältet zur Arbeit, Abends ist dann aber nicht mehr viel los mit mir. In dieser Woche kommt übrigens noch Matthias im Bunkhouse an, ein weiterer Deutscher Praktikant, der für 2 Monate in der Stadt bleibt.

Für Samstag hatte ich geplant, mit Errol einen Einführungskurs für Pfadfinderleiter zu besuchen. Er weiss zwar nicht genau, wann der Kurs anfangen soll, meint aber, ich sollte mal so gegen 10:30 Uhr bei ihm sein. Als ich ankomme, muß er erst noch mal schnell was einkaufen. Damit ist es dann schon 11:30 Uhr. Dann kommt Steven vorbei und fragt ob wir ihn vielleicht in Athlone absetzen könnten. Dort besucht Errol noch schnell einen alten Freund, der dort einen Fish & Chip Laden hat. Es ist jetzt fast 13:00 Uhr. Schließlich ruft Errol im Gilray Camp, wo der Kurs stattfinden soll, an und fragt nach, wann es denn losgeht. Er hätte vielleicht eher fragen sollen, wie lange es noch geht, denn der Kurs hat schon um 08:30 Uhr angefangen. Da Errol dort eigentlich auch noch eine Präsentation hätte halten sollen, die er nicht vorbereitet hat, entscheiden wir, daß es vielleicht besser wäre, daß wir uns da heute nicht mehr blicken lassen. Statt dessen verbringen wir einen ruhigen Nachmittag bei Errol.

Abends steht der 21. Geburtstag einer Pfadfinderleiterin auf dem Plan. Ich hatte eigentlich eine ganz normale Party erwartet, aber der 21 Geburtstag wird hier ganz gross gefeiert. Und vor allem sehr förmlich. Der Saal war eingedeckt und geschmückt wie zu einer Hochzeit. Es waren ca. 130 Gäste da, vor allem Familie, wenig junge Leute. Der Einzug des "Geburtstagskindes" war eine richtige Zeremonie. Zunächst trugen einige kleine Mädchen tanzend zu langweiliger Musik Fotos in kitschigen Rahmen in den Saal. Danach wurde dann ein überdimensionaler Schlüssel hereingetragen, der den Weg zum Erfolg öffnen soll. Schließlich wandelt dann Anastasia in einem aufwendigen Kleid durch den Saal und bekommt dann vom Onkel eine Krone aufgesetzt. Die verheddert sich aber erst mal kräftig im Haar, was bei einigen Gästen zumindest für etwas Heiterkeit sorgt, dem Geburtstagskind aber fast die Party versaut. Anschließend trägt ein kleiner Junge noch irgendwas herein und darauf folgen dann Reden vom Onkel, den Eltern und den Großeltern. Der Vater bringt außer einem Schluchzen keinen Ton heraus. Danach dann organisiertes Gratulieren mit Schlange stehen. Dann gibt es endlich das Essen, was auch ganz gut ist. Nach einem Thunfisch-Salat gibt es Hühnchen, Pies und Samosas. Schließlich noch Eis. Furchtbar langweilig das ganze, aber mal interessant zu sehen. Nicht nur wegen meiner Erkältung gehen wir recht früh nach Hause.

Auch den Sonntag muß ich noch ruhig angehen lassen. Ich mache nur einige Erledigungen in der Waterfront. Abends fahre ich mit Matthias noch zum La Med, einem Club in Camps Bay, direkt am Strand. Hier treffen sich mindestens ein Dutzend deutsche Praktikanten, von denen die meisten gerade erst seit 1 oder 2 Wochen in Kapstadt sind. Schon komisch, um sich herum nur deutsches Gequatsche zu hören. Wir treffen auch noch André, der gerade Besuch von Liv, einer Freundin aus der Schweiz hat.